Abschluss einer Bergungs-Übungsreihe

Im Falle eines Gebäudeeinsturzes wird in Deutschland meist das Technische Hilfswerk (THW) mit seinen Bergungs- und Fachgruppen zurate gezogen. Die Bergung verschütteter, eingeklemmter und verletzter Personen erfordert ein hohes Maß an Präzision, Geschick und Einsatzerfahrung. Lange Bergungseinsätze unter realitätsnahen, körperlich und psychisch sehr belastenden Bedingungen sind Herausforderungen, welche die Einheiten nur durch gezielte Übung meistern können.

Gerätschaften für die 12 Stunden Übung werden aufgebaut <br><br> Fotos: Andreas Oestereich, Beate Benjamin

Die 2. Bergungsgruppe des Ortsverbandes Berlin Tempelhof-Schöneberg hat sich eben diesen Herausforderungen gestellt, indem sie eine umfangreiche Übungsreihe mit verschiedenen Modulen durchlaufen hat. Diese Übungsmodule orientieren sich an den Aufgaben von Bergungsteams, die zur Unterstützung der nationalen Einsatzkräfte nach einem schweren Erdbeben unter Koordinierung der Vereinten Nationen weltweit zum Einsatz kommen.

Die 2. Bergungsgruppe des Typs B, THW-intern auch „schwere Bergung“ genannt, nahm dieses Vorschriftenwerk der Vereinten Nationen (INSARAG) als Vorlage, um ein Übungskonzept auch für nationale Bergungsteams zu entwickeln und für diese eine Möglichkeit für einen Test ihrer Leistungsfähigkeit zu schaffen. Dieses Konzept aktiviert einen Großteil der Ausstattung und der Fachkunde der schweren Bergung. Wie auch vom THW für solche Fälle vorgesehen, ergänzen sich dabei die 1. und die 2. Bergungsgruppe.

Die Übungsreihe erforderte den Neubau einer geeigneten Übungseinrichtung, um sämtliche Module absolvieren zu können. Eingestürzte Gebäude können stark variierende Charakteristiken aufweisen. Von leicht abtragbaren Ziegelsteinhaufen zu schwer durchdringbaren und geschichteten Stahlbetonplatten, von schwer zugänglichen Passagen zu engen, lichtarmen Hohlräumen, aber auch von trockenen, brandfördernden Holzkonstruktionen zu scharfkantigem Schutt. Für eine realistische Ausgangslage in der Übungsreihe wurden möglichst viele dieser Elemente beim Bau der Übungsanlage berücksichtigt. Aus Elementdecken und weiteren Betonfertigteilen entstanden mit zusätzlichem, vor Ort ergänztem Beton zwei Schichtungen und eine Rutschfläche, versehen mit einer Vielzahl von Hindernissen aus Beton, Metall, Holz und Hausrat.

Aufgrund der hohen Zahl komplexer, aufwändiger Bergungsvarianten wurde die Übungsreihe in mehrere kleine, unabhängige Aufgabensätze aufgeteilt. Im ersten Schritt galt es, eine unbekannte Zahl verletzter oder womöglich verstorbener Personen aus einem noch unerschlossenen, schwer zugänglichen Teil eines eingestürzten Gebäudes zu bergen. Verletzten- und Passantendarsteller sowie Übungsdummies komplettierten das Bild einer realistischen Schadenslage. Den ersten Teil dieser Übungsreihe nahm die 2. Bergungsgruppe im Rahmen einer 12-stündigen Übung in Angriff. Dies geschah in Zusammenarbeit mit einem Team des Malteser Hilfsdienstes (MHD), welches die medizinische Versorgung der verschütteten Personen sicherstellte.

Zu Beginn wurde eine umfangreiche Erkundung und das stationäre Einrichten der Einsatzstelle inkl. Strom- und Wasserversorgung durchgeführt. Es kamen Mittel und Methoden zum Herstellen von Rettungsöffnungen in Stahlbeton, vor allem unter Verwendung von Bohr- und Aufbrechhammer sowie der Betonkettensäge, zum Einsatz. Zum Herausheben des Betonschnittes für die Rettungsöffnung fand das Einsatzgerüstsystem (EGS) in Form eines Dreibocks Verwendung. Auch Metall- und Holzhindernisse mussten unter beengten Verhältnissen durchtrennt und entfernt werden. Zum Bergen einer toten Person wurde ein Stahlbetonelement mit dem Mehrzweckzug bewegt, anschließend mussten mehrere Elementdecken hydraulisch angehoben und mittels Kreuzstapeln gesichert werden.

Anschließend wurden die weiteren Module fortlaufend während der regulären Ausbildungsabende einschließlich zweier weiterer Übungstage abgearbeitet. Am Übungsturm auf demselben Gelände konnte so die Rettung aus Höhen und Tiefen mittels Abseilgerät und Seilbahn trainiert werden. Zudem wurden diverse Konstruktionen aus Holz, zum Beispiel zur Aussteifung einer Türöffnung oder zur Absicherung einsturzgefährdeter Gebäudewände (ein sogenanntes Sprengwerk), gebaut. Auch das Plasmaschneidgerät ist beim Durchtrennen einer Stahlplatte zum Einsatz gekommen Die Übungsreihe fand ihr krönendes Ende beim Durchbruch durch ein 25 cm dickes Stahlbetonelement; die besondere Erschwernis lag darin, dass durchgehend im Liegen von unten nach oben gearbeitet werden musste, bis die Übungspuppe durch die Öffnung gerettet werden konnte.

Die Übungen zeichneten sich durch ihre detaillierten Vorbereitungen, den Umfang sowie die Komplexität aus. Durch Teamgeist, regen Erfahrungsaustausch und den Willen, sich auf einem anerkannt hohen Niveau fortzubilden, konnte die 2. Bergungsgruppe ihr Können unter Beweis stellen. Die gesammelten Erfahrungen bilden dabei eine wichtige Grundlage für den Ernstfall. Fragen zur Übungsreihe und zur dazugehörigen Bergungs-Übungsanlage werden gerne unter ov-tempelhof-schoeneberg(at)thw.de beantwortet.


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